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Bube
Dame König grAS
...... Was für ein geschmackloser Film! Er hat alles
zu bieten, was 13jährigen Jungs Spaß macht: Gewalt (inklusive einer
unübersehbaren Zahl von Leichen), Gewehre, Geld, Drogen, drastische Sprache,
laute Musik. Es macht ganz den Eindruck, als habe sich der Drehbuchautor die
Frage, wie man einen Film aus diesen vorgesehenen Ingredienzien zusammenrührt,
erst als zweites gestellt. Erstaunlich ist, daß er dabei unbestreitbar
einige clevere Einfälle gehabt hat, die das Ganze zu etwas mehr als einer
schamlosen britischen Tarantino-Version werden lassen.
Von Tarantino-Qualität ist zum Beispiel die Idee, in einer Parallelmontage, ziemlich gegen Ende, jeweils so zwischen verschiedenen sich auf einen seltsamen Showdown zubewegenden Gangstergruppen hin- und herzuschneiden, daß man der einen Gruppe beim Witzemachen zusieht, aber entscheidende Partien immer verpaßt. Das ist ein Scherz ohne tiefere Bedeutung, aber es ist witzig.
Scherze ohne tiefere Bedeutung bietet der Film zuhauf.
Es gibt zum Beispiel zwei zirkulierende Objekte, eine Tasche voller Geld (viel
Geld) und zwei Gewehre, die die erwähnten, sich aber im Laufe der Geschichte
mehr oder minder vollständig gegenseitig niedermetzelnden Gangstergruppen,
sehr in Trab halten. Mit der ständig neuen Positionierung der Objekte hält
der Regisseur auch seinen Film in Gang und es gelingt ihm, mit einem sicheren
Gespür für Timing das Tempo immer weiter zu steigern, zugleich mit
den Verwirrungen, die die Beziehungen, in die die Figuren durch die zirkulierenden
Objekte treten, immer wieder verschieben. Die Verwirrung und Komplexität
bleibt dabei aber eine rein strukturelle Frage. Weder gerät einer der Charaktere
zu mehr als einer Comic-Figur noch tun sich irgendwo irgendwelche Fragen nach
sozialer Realität, Verantwortung oder Zwischenmenschlichem auf (Frauen
bleiben vorsichtshalber gleich -so
gut wie - ganz aus dem Spiel).
Alles bleibt bloße Funktion der Geschichte, die
laufen muß wie geschmiert. Das tut sie schließlich auch und man
muß damit kein Problem haben. Ein Problem aber habe ich damit, wie, nicht
daß!, sie über Leichen geht. Das Vergnügen, das der Film an
sich selbst hat, ist vollständig bedenkenlos, vergleichbar etwa Danny Boyles
'Kleine Morde unter Freunden'. Er weidet sich an den eigenen Effekten, egal
ob es solche der (mitunter arg originellen) Kameraführung sind oder solche,
aus denen nichts als Zynismus spricht. Der Film hat Spaß an der Verletzung
und Verstümmelung von Menschen, er macht sich gnadenlos lustig über
seine Figuren, ordnet sie wahlweise der Story, dem Soundtrack oder dem Bild
unter. Das ist eine Form von blindwütigem Spaß, der sich in sich
selbst erschöpft, nichts zu sagen hat und zu nichts führt. Weniger
moralisch, mehr ästhetisch ausgedrückt: der Film hinterläßt
nichts als eine große Leere, er ist ein virtuoses Feuerwerk, von dem,
nachdem es einmal hochgegangen ist, nichts übrig bleibt außer Schall
und Rauch.
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen in:
Bube
Dame König grAS
LOCK, STOCK AND TWO SMOKING BARRELS
England
- 1998 - 106 min. - Verleih:
PolyGram/UIP,
PolyGram
(Fox) (Video) - Erstaufführung:
3.12.1998/10.6.1999
Video - Produktion:
Matthew
Vaughn, Georgia
Masters
Regie:
Guy
Ritchie
Buch:
Guy
Ritchie
Kamera:
Tim Maurice-Jones
Musik: David A. Hughes, John
Murphy
Schnitt:
Niven
Howie
Darsteller:
Jason
Flemyng (Tom)
Dexter Fletcher (Soap)
Nick Moran (Eddy)
Jason Statham (Bacon)
Steven Mackintosh (Winston)
Vinnie Jones (Big Chris)
Sting (JD)
Lenny McLean (Barry the Baptist)
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