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Last Boy Scout

 

Der "Casablanca" der Action-Filme

 

Die 80er waren in Hollywood die Hochzeit der FSK-18-Actionfilme, ob das nun in irgendeinem Zusammenhang mit der damaligen republikanischen Regierung stand, oder einfach nur reiner Zufall ist, sei dahingestellt. Diese Epoche des exzessiv-herumspritzenden Kunstblutes ebbte Anfang der 90er Jahre merklich ab. Sie war zugleich auch der Startschuß einer außergewöhnlichen Produzentenlaufbahn, die dem Actionfilm einen neuen Stempel aufdrückte.

 

Die Rede ist von Joel Silver, dem wahrscheinlich erfolgreichsten Produzenten der letzten 20 Jahre, schließlich spielten alle seine Filme weltweit an der box-office über 3,4!!! Milliarden US-$ ein, von denen allein 14 jeweils die 100 Millionen $-Grenze problemlos überschritten.

(Mit “MATRIX” hat er sein bisheriges Meisterstück abgeliefert und den vom Einspielergebnis erfolgreichsten Warner Bros.-Film aller Zeiten produziert: weltweit 456,5 Mio. $ eingespielt. Was und wo wäre Warner Bros. wohl ohne ihn?)

 

Auch wenn er einige Abstecher in andere Genres (z.B. “JUMPIN JACK FLASH” oder “RICHIE RICH”) unternahm, kann man ihn getrost als den Meister des sogenannten BLAM (big loud action movie) bezeichnen.

 

Wohl kein Produzent prägte in den 80ern und 90ern das Action-Kino Hollywoods so sehr wie er, wobei seine Kassenschlager - er ist schließlich Produzent - nicht selten in die 2. Runde gingen (“PREDATOR” oder “NUR 48 STUNDEN”). Als “Steigerung” der Fortsetzung, könnte man noch die Etablierung seiner äußerst lukrativen Film-Serien “DIE HARD I-III” (gut, beim 3. Teil war er ebensowenig wie bei “NOCHMAL 48 STUNDEN” als Produzent tätig) oder “LETHAL WEAPON I-IV” sehen.

 

Seine anspruchslos-marktorientierten Filme (besonders die aus den 80er Jahren) wurden schnell mit dem Etikett “politisch inkorrekt” versehen, da sie mit drastischer Gewaltdarstellung, rüden Dialogen, Legitimation übertriebener Staatsgewalt usw. aufwarteten. Da er damit aber immense Erfolge einfuhr, wurde er schnell als der “Selznick des Schunds” bezeichnet.

 

Trotz seiner oberflächlichen Filme, glaube ich aber dennoch - schlagt mich dafür - ab und zu politische Statements bzw. Sympathie für Minderheiten zu erkennen, was beachtlich und nicht zu unterschätzen ist (dennoch sind solche Mutmaßungen bei einem kühl-kalkulierenden Produzenten immer mit Vorsicht zu betrachten):

 

In “LETHAL WEAPON” sieht man einen Anti-Apartheid-Aufkleber. Im Sequel von 1989 betritt der Afro-Amerikaner Murtaugh ein südafrikanisches Konsulat und will sich aus Jux über eine eventuelle Einwanderung in das Apartheidland informieren. Der Blick des weißen Angestellten spricht Bände und folglich werden seinesgleichen - die Bösen - während des ganzen Films in die Naziscum-Ecke gestellt. (Ohnehin sind GUT und BÖSE bei Silver immer klar voneinander zu unterscheiden.)

 

Ferner inszenierte Silver 1988 mit “ACTION JACKSON” (Ewigkeiten schon nicht mehr gesehen, aber ist das überhaupt zu bedauern? Eine Zweitansicht wäre durchaus empfehlenswert) eine fast schon vergessene Randnote der Reagan-Ära. Dort wurde das hinlänglich ausgereizte Klischee vom guten, weißen Cop und bösen, schwarzen Verbrecher einfach umgedreht und gab “Apollo Creed”-Carl Weathers die Möglichkeit zu einer seiner wenigen Hauptrollen.

 

Zudem scheint Silver ein besonderes Faible für “Buddy-Filme” (2 ungleiche Typen, die sich anfangs nicht ausstehen können, müssen - aus welch haarsträubenden Gründen auch immer - zusammenarbeiten, am Ende haben sie sich womöglich sogar lieb) zu haben. Diesen Kontrast steigert er noch zusätzlich durch die Konfrontation von einem weißen (meistens Polizist o.ä.) und einem auf die schiefe Bahn geratenen Afro-Amerikaner, aber im Endeffekt kämpfen sie gegen ein von Korruption nur so durchfressenes System...

 

(Die Geburt des “Buddy-BLAM”)

 

Nicht wenige halten solche Filme für simpel-gestrickt und ideologisch fragwürdig. Aber gerade diese politisch-inkorrekten Streifen sind oft weitaus unverkrampfter...

 

Witzigerweise ist mein persönlicher Liebling der Silver-Filme (neben “MATRIX”) ein typischer Vertreter dieser Gattung:

 

“LAST BOY SCOUT” (von nun an nur noch “LBS”)

 

Diesem Film mangelt es offenkundig an Originalität, nur fällt dies definitiv nicht negativ ins Gewicht, da er - so paradox es auch klingen mag - originell ist.

 

Die Story ist für einen im Silver-Universum halbwegs bewanderten Filmfan so familiär-bekannt und klaut mit liebenswerter Chuzpe (ich liebe dieses Wort, da bleibt der Rachen frei) bei “LETHAL WEAPON” und Konsorten (z.B. die Tochter wird als Geiselin genommen und sieht sich in einer anderen Szene - obwohl erst 13 - alleine “LETHAL WEAPON” im Fernsehen an) und toppt ihn problemlos, weil er mit einem guten Drehbuch aufwartet, welches zuweilen sogar einige Spitzen auf das amerikanische System losläßt.

 

Dieses Skript sorgte 1991 für Schlagzeilen, da es den damaligen Rekordpreis von 1,5 Mio. $ erzielte. Das war noch vor “BASIC INSTINCT”.

 

Bei dem Drehbuch werden sich wie so oft die Geister scheiden. Findet der eine es flach, überhaupt nicht vorhanden, ideenlos, ohne raffinierte Verschachtelungen oder guter Story, kann ich dem Autor Shane Black (wie passend: bei “LETHAL WEAPON” hat er auch das Skript geschrieben) nur mein Kompliment aussprechen. Denn es gibt 2 Arten von guten Drehbüchern:

 

Die einen sind von der Sorte “SIXTH SENSE” oder aber auch “SEX, LÜGEN UND VIDEO”:

 

clever, raffiniert, anspruchsvoll, eine intelligente Story und zudem psychologisch interessant. Der Kopf wird nicht abgeschaltet...

 

“LBS” gehört zur anderen Kategorie:

 

schnörkellos, geradling, gute Dialoge + Sprüche (die halbe Miete!!!), die Handlung wird zügig vorangetrieben, oberflächlich und anspruchslos, immer nur eines im “Hinterkopf”:

 

Ich will unterhalten, schalte den Kopf ab!

Was “LBS” problemlos schafft.

 

“LBS” ist ein reiner “feel-good-Film”, auch wenn es wegen der FSK-18 bedingten Brutalität etwas makaber klingt, denn er verfügt über eine leider zu selten in diesem Genre erlebte Lockerheit, die mit Esprit kombiniert wird.

(Unzählige Filme scheiterten bei diesem Versuch kläglich, dementsprechend gewollt und künstlich wirkten dann auch die Sprüche + Umsetzung)

 

Von daher kann die außergewöhnlich hohe Frequenz von coolen Sprüchen und Leichen dem einen oder anderen negativ aufstoßen.

 

Bei mir nicht! Mehr davon! (Weil ich Filme im allgemeinen und solche Filme im besonderen niemals ernst nehme!)

 

Und so sitzt man im Kino / zuhause breit grinsend und verdaut noch den letzten coolen Spruch, wie z.B.:

 

“Ich behaupte nicht, daß sie fett ist, aber ihr Highschool-Foto wurde aus der Luft aufgenommen!”

 

und sieht im nächsten Moment eine zerbrochene Flasche im Hals eines gedungenen Mörders stecken, der gerade noch ebenso über den Satz gelacht hatte.

 

Und so geht das den ganzen Film.

 

Eine pervers-interessante Kombination, die wie die Faust aufs Auge passt:

 

In den Straßen lauert die rohe Brutalität. Einer willkürlich-auftretenden Naturgewalt gleich erwehrt man sich ihrer mittels Humor und gewinnt so Zeit, um dann ebenfalls mit Gewalt zurückzuschlagen. Man macht sich die Schwäche des anderen zunutze. Sozialdarwinismus pur gepaart mit Bibelphilosophien á la “Auge um Auge, Zahn um Zahn” (so mancher verliert dabei sogar mehrere). Der Zynismus läßt einen Überleben...

 

Joe Cornelius (so mancher hat einen anderen 2. Vornamen) Hallenbeck ist dafür ein Paradebeispiel. Er stellt den aufrecht-konservativen Amerikaner dar, der noch an die guten, alten Werte glaubt, die das Land so “groß” werden ließ.

 

Dummerweise ist er ein Auslaufmodell, man könnte ihn sogar den letzten Boy Scout (Pfadfinder) nennen, denn sein Amerika hat sich geändert (wenn es überhaupt je anders war). Er stellt in seiner Gesetzestreue, Loyalität und Integrität einen Anachronismus dar, der im krassen Gegensatz zu einem korrupten System steht, das die eigenen Interessen gegenüber denen anderer priorisiert.

 

Die Politik, Wirtschaft und die Medien bilden unsichtbare Allianzen, Bestechung gehört zum Tagesgeschäft. Das System propagiert zwar plakativ-gebetsmühlenartig die guten, alten Werte, höhlt sie aber lediglich immer mehr aus und ersetzt sie mit Pseudo-Werten.

 

Die mediale Öffentlichkeit zeichnet ein neues Bild von Erfolg, die Gesellschaft scheint es vollends assimiliert zu haben:

 

Man ist clever, smart, wenn man Geld macht, egal auf welche Art. Es ist nicht wichtig was man ist, sondern was man darstellt, wie die Öffentlichkeit einen sieht:

 

Prestige und Privilegien, teure Klamotten usw.

 

Nur der sichtbare Erfolg ist wichtig, in doppelter Hinsicht oberflächlich.

 

Hallenbeck ist auch hier das krasse Gegenteil davon und entspricht wohl am ehesten dem Klischee des schmierig-versifften Privatdetektivs, den das System ausgespuckt hat. Schließlich arbeitete er früher als Bodyguard und warf sich sogar pflichterfüllend in den für einen Ex-Präsidenten der USA bestimmten Kugelhagel (Jimmy Carter in einem Cameoauftritt). Was ihm die Bewunderung seiner Tochter Darian einbrachte (wahrscheinlich, aber nicht nur, weil er in den Medien als Held gefeiert wurde)

 

Aber das war einmal, seine Tage als Bodyguard sind schon lange gezählt, denn vor Jahren schlug er Senator Baynard 4 Zähne aus, als der eine bestellte Prostituierte drangsalierte. Hallenbeck´s Pflichterfüllung und Ehrenkodex ging dem Senator zu weit. Er setzte sich für das Recht einer Unterprivilegierten ein, bekam aber die Macht des Gesetzes bzw. der Machtinnehabenden zu spüren und wurde aus dem Staatsdient “unehrenhaft” entlassen.

 

So schlägt er sich nun mehr schlecht als recht durchs Leben, ohne sich dabei aber je untreu geworden zu sein. Die Diskrepanz zwischen dem System und seinem eigenen Werte-System ließen ihn zu einem desillusionierten Zyniker werden.

Der einsame Wolf leckt seine Wunden. Er hat seinen Glauben an das System, Amerika und zudem seinen Stolz verloren. Ein tête-à-tête mit seinem Spiegelbild ist ein Synonym für Hallenbeck´s Gefühlszustand:

 

“Niemand mag dich, alle hassen dich. Du bist ein Verlierer. Komm´ lächel du Null!”

 

Aber er bekommt eine 2. Chance, deren Art und Weise fast schon an Ironie grenzt:

 

Hallenbeck wurde aus der Lichtwelt (Prestige, Ehre, Anerkennung) verbannt und fristet nun in der Schattenwelt (Looser-Image, Kriminalität, keine Würde) ein trostloses Dasein. Von der Table-Tänzerin Cory aus dem Rotlichtmilieu läßt er sich als Bodyguard (!!!) anheuern, was ihm unverhofft die Möglichkeit zur Rache gibt. Verfügt sie doch über eine Kassette, die beweist, daß sein “geliebter” Senator Baynard von Marcone (dem Football-Team-Besitzer der L.A. Stallions) korrumpiert wird.

 

Nach dem Motto “unverhofft kommt oft” wird ihm der Afro-Amerikaner Jimmy Dix zur Seite gestellt, Cory´s Freund. Der bei den L.A. Stallions und den Medien wegen Drogenkonsum in Ungnade gefallene Ex-Footballspieler hat genauer betrachtet mehr Gemeinsamkeiten mit Hallenbeck als zuerst erwartet/ersichtlich.

 

Das intelligent-konstruierte Drehbuch schlachtet dies gekonnt aus, so webt das Skript interessante Parallelen, oft nur in kleinen Details erkennbar und wartet mit mehr als auffälligen Duplizitäten in ihrer Vita auf, was man andererseits dann aber auch wieder als simpel durchdacht sehen kann:

 

- Beide wurden vom System aufs Abstellgleis geschoben.

 

- Jimmy Dix’s vielversprechende Karriere endete jäh, da er als stark beanspruchter Spieler den Gegebenheiten des Körperverschleiß-Sports American Football ausgesetzt war:

 

Um fit zu sein, wird man fitgespritzt und mit Schmerzmitteln vollgestopft, man wird abhängig. Der Schritt/Griff zu anderen Drogen - denn was sind Drogen anderes als Betäubungsmittel? - ist nicht weit, weil er schon längst vollzogen wurde. Offiziell sind Drogen natürlich verboten und so wurde er, offenkundig und wiederholt die Widersprüchlichkeit des Sports/Systems aufzeigend, aus dem Team geworfen.

 

- An ein und demselben Tag hat der eine die Freundin betrogen bzw. wurde der andere vom “besten” Freund mit der eigenen Frau betrogen, bzw. verlieren immer noch am selbigen Tag ihren “besten” Freund bzw. Freundin (beide tot).

Was für eine Kopfgeburt des Autors, kein Wunder, daß Hallenbecks Frau am Ende schwört, sich den besten Freund des Menschen - einen Hund - zuzulegen, damit sie nicht mehr allein zuhaus ist.

 

- Jimmy Dix setzt sich ebenso wie Hallenbeck für eine Nutte ein, die von einem “Noch-Football-Spieler” fast ertränkt wird.

 

So nehmen sie den Kampf gegen das korrupte System auf. Natürlich können sie sich anfangs überhaupt nicht leiden. Aber nach dem Motto:

 

“Ein Schwarzer und ein Spinner sind immer der Gewinner!”

 

raufen sie sich zusammen und laufen am Ende durch die sonnendurchfluteten Straßen von L.A. und bringen den 90er Jahre Zeitgeist voll auf den Punkt:

 

“Wir leben in den 90ern. Du kannst nicht einfach jemanden ins Gesicht schlagen, du mußt vorher was Cooles sagen.”

 

Und das wird zur Genüge getan und ist wahrscheinlich neben dem charismatischen Spiel von Bruce Willis der Königstrumpf des Films.

 

So ist “LAST BOY SCOUT - DAS ZIEL IST ÜBERLEBEN” das “CASABLANCA” der Action-Filme.

 

Frauen haben Geheimnisse wie Ilsa Lund, ein trinkfest-rauchender Zyniker á la Bogart wurde vom System im Regen stehengelassen und findet am Ende einen Freund für’s Leben, mit nur einem Unterschied:

 

Zu Sam würde in diesem Film gesagt werden:

 

“Machs nochmal, und ich schlag Dich tot!”

 

“LBS” ist das Paradebeispiel des gekonnt inszenierten Zwiespalts.

Die Leute sprechen, wie sie denken - was zuweilen sehr rüde-ordinäre Blüten treibt, verlieren sich auch nicht in diplomatisch-korrekten Formulierungen, was ich den aalglatten, fast schon steril wirkenden 1A-Moral-Filmen jederzeit vorziehe.

 

Der Hauptkritikpunkt des Films ist wahrscheinlich neben der Gewaltdarstellung die häufig kolportierte Frauenfeindlichkeit. Ich würde gerne wissen, wie Frauen den Film sehen und ob sie der Meinung zustimmen.

 

Wenn man sich ernsthaft mit der Frage auseinandersetzt und den Film unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, bemerke ich schnell, daß ich mich in einem Dilemma befinde. Denn - so banal und naiv es auch klingen mag - wann fängt Frauenfeindlichkeit überhaupt an? Ist ein allgemeines oder ein ganz individuell-subjektives Kriterium erfüllt? Ich tendiere eher zur 2. Möglichkeit.

 

Womit ich bei einem genialen Spruch aus dem Woody-Allen-Film “DER STADTNEUROTIKER” wäre - der ganz nebenbei der seltene Fall ist, wo der Originaltitel “ANNIE HALL” mir defintiv 1001mal schlechter gefällt -, der vielleicht auch mein Dilemma und eine verständliche (Über-)Sensibilisierung (nicht nur der Juden) deutlich macht:

 

“Sowie man nicht deiner Meinung ist, ist man Antisemit.”

 

Und so suche ich den Film nach Stellen, Sprüchen, Gesten usw. ab, immer im Hinterkopf `was könnte eine Frau daran macho-chauvinistisch finden´:

 

Ein macho-mäßiges Hinterngeklopfe, Nutten werden brutal verprügelt und da sind noch die unzähligen vulgären Dialoge wie:

 

“Wie fett ist sie?”

 

“So fett, daß ich sie in Mehl rollten mußte, um die feuchte Stelle zu finden. Wenn Du sie vögeln willst, klopf ihr auf die Schenkel und folge den Wellenbergen...”

 

Mich hat es nicht gestört, ich habe darüber gelacht, kann aber verstehen, wenn es als frauenfeindlich empfunden wird.

 

Nur zeigt dies aber auch wieder meine Abneigung gegen politische Korrektheit, wo ständig auf der Liste abgehakt wird, welche Lobby zufriedengestellt wurde, wo ein omnipräsenter Staatsfilmzeigefinger Dich belehrt und Dir sagt:

 

So etwas darf man nicht zeigen!

 

Und “LBS” ist davon durchdrungen, er ist widersprüchlich, kontrovers. Er ist, was er ist, ungebändigt in freier Wildbahn herumgaloppierend.

 

Was zuletzt auch der Verdienst des Regisseurs ist.

 

Tony Scott schuf mit diesem Film noch vor “TRUE ROMANCE” und “BEGIERDE” seinen besten Film. Die ihm und seinem Bruder oft vorgeworfene Werbefilm-Vergangenheit und damit einhergehende Bildästhetik ist positiv spürbar. In Inszenierung, Schnitt, Kamera und ganz besonders in der Ausleuchtung erreicht er ein außergewöhnlich hohes Niveau. Perfekte oberflächlichlich-plakative Unterhaltung.

Zudem fiel mir Eines ganz besonders positiv auf:

 

Die in Hollywood-Großproduktionen so oft gehörte “Zukleister-Musik”, die fast ununterbrochen eingesetzt wird (bei Hans Zimmer verlasse ich nicht selten den “Raum”), ist hier auffallend unauffällig-zurückhaltend. Nur zwecks unterstützender Dramatisierung bei Actionszenen oder einiger gefühlsbetonten Szenen (auch die finden in diesem Film Verwendung), kommt sie zum Einsatz.

(Hans Zimmer kann auch anders, was er z.B. in “TRUE ROMANCE” bewies)

 

Einschub:

 

Ganz nebenbei in Anlehnung an ideologisch fragwürdige Filme und die Scott-Brüder, ist mir “LBS” 1001mal lieber, als “TOP GUN” oder “BLACK RAIN”. Trotz hoher inszenatorisch-visueller Qualitäten wird dort das amerikanische System oder Militär auf so erschreckende Weise glorifiziert, oder sich so unverhohlen über den japanischen Einfluß auf den amerikanischen Medienmarkt, ganz besonders der von SONY mokiert, wo eine Harley Davidson in einem “Schaurennen” gegen ein japanisches Motorrad-Pendant gewinnt. Da sitzt der Stachel tief...

 

Einschubende

 

Im Zusammenhang mit dem Film stelle ich mir oft 2 Fragen:

 

Was würde der Film auf meiner “Fingerskala” bekommen?

 

Warum ging er nicht in Serie?

(schließlich hätte er definitiv das Potential dazu gehabt und wirkt an vielen Stellen wie der Pilotfilm einer Kino-Serie)

 

Die den Film noch nicht kennen, kann ich nur raten, ihn sich definitiv nicht im Fernsehen anzuschauen.

 

Seit etwa knapp 10 Jahren zeichnet die deutsche Fernsehlandschaft eine äußerst fragwürdige Schneide- und Kürzungsfreude aus. Nicht so schlimm wie bei “BLADE”, der knapp 10 Minuten kürzer als die FSK18-Fassung ist, aber dennoch höchst ärgerlich (5 Minuten kürzer). Dann sollte man bei den Sendern wenigstens ehrlicher sein und den Film überhaupt nicht zeigen, anstatt eines Torsos.

 

Gehe besser in den FSK18-Raum der Videotheken - immer wieder ein Abenteuer - und befreie Dich von den Entmündigungsversuchen des “FSK-Systems”. (Freiwillige Selbstkontrolle, wenn ich das Wort nur höre)

Dort gibt es nicht nur Pornos, sondern so interessant-kontroverse Streifen wie “STARSHIP TROOPERS”, “FROM DUSK TILL DAWN”, “TANZ DER TEUFEL”, “DAS FEHLENDE GLIED” (einer der 5 besten Zeichentrickfilme ever!!!) usw.

Filme wie “ROBOCOP” habe ich damals noch im Fernsehen aufgenommen und zwar uncut (den seit einiger Zeit existierenden Director´s Cut habe ich leider immer noch nicht gesehen). So ändern sich die Zeiten.

 

Oder mach´s wie ich:

 

Noch zu D-Mark-Zeiten habe ich mir die niet-nagelneue “LAST BOY SCOUT”-FSK-18-DVD in der Videothek für knapp 35,- DM gekauft, definitiv nicht geschnitten. Wobei eines unbedingt beachtet werden muß:

 

Guck Dir das Cover genau an und achte darauf, daß da bloß nicht steht:

 

überarbeitete Fassung / gekürzte Version, auch bei diesem Film und anderen erlebt.

 

So wird ein zuerst empfundenes Schnäppchen schnell zum Ärgernis.

 

(“TRUE ROMANCE” gibt es auch in zweifacher Ausfertigung FSK16 / 18)

 

Ganz nebenbei habe ich kürzlich gehört, daß aber auch einige FSK-18-DVD´s dennoch Kürzungen enthalten. Wer also z.B. die deutsche “FIGHT CLUB”-DVD sein eigen nennt, soll angeblich immer noch nicht die komplette Fassung haben.

 

Willkür hin, Willkür her.

 

Die schweizer DVD desselbigen Films - übrigens ab 16 - soll hingegen die vollständige sein.

 

FSK 18, allein darüber könnte man einen ganzen Bericht schreiben...

 

Transpluto-Wertung: 8,75

 

Transpluto

 

Dieser Text ist zuerst erschienen bei: ciao.de

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Last Boy Scout - Das Ziel ist Überleben

(OT: THE LAST BOY SCOUT)

USA 1991

101 Min.

FSK18

 

Cast:

Bruce Willis (Joe / Joseph Hallenbeck), Damon Wayans (Jimmy Dix), Chelsea Field (Sarah Hallenbeck), Noble Willingham (Sheldon Marcone), Danielle Harris (Darian Hallenbeck), Taylor Negron (Milo), Chelcie Ross (Senator Calvin Baynard), Bruce McGill (Mike Matthews) u.v.a.

 

Credits:

Produktionsfirma: The Geffen Film Company / Silver Pictures (für Warner Bros.)

Produktion: Joel Silver und Michael I. Levy

Regie: Tony Scott

Drehbuch: Shane Black (nach einer Story von Shane Black und Greg Hicks)

Kamera: Ward T. Russell

Musik: Michael Kamen

Schnitt: Mark Goldblatt und Mark Helfrich

 

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