Leaving Las Vegas
Der gescheiterte und von seiner Frau verlassene Drehbuchautor Ben,
ein Alkoholiker, beschließt seinem Leben ein Ende zu setzen. Er
sammelt seine Ersparnisse zusammen, verläßt Hollywood und reist nach
La Vegas, um sich dort zu Tode zu trinken. Schon bald nach seiner
Ankunft lernt er die Prostituierte Sera kennen. Statt an Sex ist Ben
aber vielmehr am gemeinsamen Besäufnis interessiert. Der Säufer und
die Hure kommen sich allmählich näher, entwickeln Freundschaft und
schließlich Liebe zueinander. Beinahe könnte so etwas wie Hoffnung
aufkommen in beider einsamen Verzweiflung, aber Ben läßt sich nicht
abbringen von seinem absoluten Willen zum Absturz. Sera, die selbst
genügend Gründe zur Resignation hätte, stellt ihre Probleme hintan
und steht Ben in seinen letzten Minuten bei, beweist ihm zu guter
Letzt noch einmal ihre Liebe.
Über Bens Hintergrundgeschichte erfahren wir als Zuschauer recht
wenig, dennoch wird sein Ende ausführlich geschildert. Die widerliche
Seite seines Alkoholismus wird dabei zwar nicht ausgespart, aber
dennoch mit der Eleganz des heldenhaften Untergangs, mit einer Art
Freude am Kaputtsein gechildert, so daß auch nach dem Film das
Tot-Saufen als eine kultige Alternative zum biederen Alltag gelten
kann.
Über Seras Hintergrundgeschichte erfahren wir allerhand, da gibt es
den russischen Zuhälter, der von der Mafia hingerichtet wird, da gibt
es Mißhandlungen, eine Vergewaltigung, Schikanen durch die Vermieter,
lauter effektvolle Sequenzen, die aber völlig beliebig und
austauschbar bleiben. Mike Figgis, Regisseur und Autor, scheint sich
für Sera auch nicht sonderlich interessiert zu haben, denn ihre
Geschichte findet keinerlei Auflösung. Sera bleibt für ihn das Medium
zu Bens exzessivem Sterben, sie darf zwischendurch ein wenig gequält
werden, aber Hauptsach, sie ist am Schluß wieder fit, wenn Nicolas
Cage, Paradepferd des amerikanischen Kunstfilms, zum großen Endspurt
seiner Trinkerdarstellung ansetzt. Er zittert, schwitzt, reihert und
darf am Schluß sogar noch vögeln, net schlecht, des is schon einen
saubernen Oscar wert. Weil ein Hund is er ja schon, gell.
Richard Oehmann
Diese Kritik ist zuerst erschienen bei:
Leaving Las Vegas
USA 1995 - 110 Minuten
Regie: Mike Figgis
Kamera: Decan Quinn
Drehbuch: Mike Figgis, John O'Brien
Besetzung: Nicolas Cage, Elisabeth Shue, Julian Sands u.a