zur startseite
zum archiv
Monster’s Ball
Monster's Ball gehört in eine Reihe jüngerer Filme - wie etwa Billy Bob
Thorntons Sling Blade oder Sean Penns Dürrenmatt-Verfilmung Das
Versprechen -, die mit den Mitteln Hollywoods die Grenzen Hollywoods
auszuloten versuchen. Man ist da erst einmal sehr angetan von der
provozierenden Langsamkeit der Entwicklung, von der Entschiedenheit, mit
der hier zum Beispiel in Sachen Sex über die Weichspül-Konventionen des
Hollywoodüblichen hinweggegangen wird. Letztlich aber geht's im
Widerspruch gegen die Regeln hier wie in den anderen Filmen immer nur an
der Wand lang, nie wirklich ins Freie hinaus, in den Bruch mit der
Konvention, der sich gerade an der Grenze, die ausgetestet wird, als
notwendig erweist.
Im Grunde ist es bei Monster's Ball bereits der Plot, der nicht zu
retten ist. Der Strafvollzugsbeamte Hank, gespielt vom Robert Mitchum
unsere Tage, Billy Bob Thornton, ist an der Hinrichtung eines Schwarzen
beteiligt; er verliebt sich, durch ein paar vom Drehbuch mehr oder
weniger geschickt eingefädelte Zufälle kommt es mehrfach zur Begegnung,
in die Witwe. Sie kommen sich näher dadurch, dass beide ihren Sohn
verlieren und Hank, der seinen Job an den Nagel gehängt hat, macht eine
wundersame Wandlung vom rassistischen Arschloch zum einfühlsamen
Liebenden durch. Diese Entwicklung kann auch ein Billy Bob Thornton nicht
glaubwürdig darstellen, sie bleibt pure Behauptung des Drehbuchs, wird
auch durch die selbstbewusste Inszenierung der Regie nicht schlüssig.
Als Wendepunkt, der aus dem Saulus einen Paulus macht, muss nun
ausgerechnet eine wilde Sexszene zwischen Hank und Leticia herhalten, die
Forster meist aus gewisser Distanz filmt, einer Distanz, die ohnehin das
auffälligste - und sympathische - Stilmittel der Regie ist. Die, mit
Verlaub, unsägliche Dialogzeile "Hast du es auch gespürt" soll
signalisieren, dass von nun an alles anders ist, dass Fürsorge und Liebe
an die Stelle von Hass und Ignoranz treten. Make Love, not War, aber so
einfach hatten wir uns das nun auch wieder nicht vorgestellt. Erschwerend
hinzu kommt, dass Halle Berry, einst ein Model, mit ihrer derzeitigen
Rollenwahl verzweifelt versucht, sich als Ernst zu nehmende
Schauspielerin zu etablieren. Also gibt sie eine oscarverdächtige
Vorstellung als hysterisierte Schwarze, und das ist nicht als Kompliment
gemeint. Mal tobt sie, dann zittert nur die Unterlippe, dann starrt sie
ins Leere. Das ist so grässlich geschauspielert, dass sie ihren Oscar
schon bekommen wird. Der Wirkung des Films ist es nicht förderlich.
(P.S.: Die Kritik ist anlässlich der Aufführung bei der Berlinale 2002
entstanden.)
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen in:
Monster's Ball (USA 2001)
Regie: Marc Forster
zur startseite
zum archiv