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Tanz
der Teufel
Ash
fährt mit ein paar Freunden in ein abgelegenes Haus in den Wald. Dort wollen
sie einige nette Tage verbringen. Dort angekommen passieren einige mysteriöse
Dinge, die sie alsbald dem Keller als Ursprung zuschreiben. Während der
Suche im Keller stoßen sie auf ein Tombandgerät, welches einem Forscher
gehörte, der sich zu Forschungszwecken in das abgelegene Haus zurückgezogen
hatte. Als sie das Band abspielen, werden durch die Beschwörungsformel
des Forschers – durch die er selber vor einiger Zeit auch umkam – die bösen
Geister erneut geweckt. Es dauert nicht lange und die Freunde sehen sich von
blutrünstigen Dämoneninkarnationen bedroht, was nun zählt ist,
die Nacht zu überleben.
Wie
auch Peter Jackson (“Braindead“ [Neuseeland,
1992], “Herr
der Ringe“
[Neuseeland/USA, 2001-2003]), so hat auch Sam Raimi (“Darkman“ [USA, 1990],
“Spider-Man“ [USA,
2002]) neben seinen Blockbustern eine dunkle Vergangenheit, in der einige sehr
interessante Werke entstanden, die so ganz und gar nicht mit seinen aktuellen
Filmen zu vergleichen sind. War es bei Peter Jackson hauptsächlich der
Film “Braindead“, mit dem er berühmt und auch berüchtigt wurde, so
avancierte Sam Raimi durch seinen vom Amtsgericht München seit dem 02.07.1984
in Deutschland beschlagnahmten “Tanz der Teufel“ (Originaltitel “The Evil Dead“)
zum Kultregisseur und begeisterte durch dieses Werk Massen von Fans bis heute.
Betonen muss man hier allerdings auch, dass nicht nur Deutschland ein Problem
mit diesem Film hatte. Des weiteren ist er auch in Finnland, Island und Irland
verboten worden. Wie fast jedes B-Movie hat “The Evil Dead“, der übrigens
bis kurz vor einer professionellen Auswertung noch unter dem Titel “Book of
the Dead“ lief, dann aber durch Anregung von Irvin Shapiro aus Gründen
der Vermarktung in “The Evil Dead“ umgetauft wurde, eine sehr interessante Vorgeschichte,
in der es um Sponsoren, Darsteller und die Planung geht. Das nötige Geld
verschaffte sich das anfänglich kleine Team, bestehend aus Sam Raimi, Bruce
Campbell und Rob Tapert, durch ihren sogenannten „Prototypen“ “Within the Woods“.
Dieser etwa 32-minütige Kurzfilm sollte zeigen, was sie in etwa planten
und Sponsoren anlocken. Im Zuge dieses Films warben Sam Raimi und Rob Tapert
auch den später noch beteiligten Special Effects-Mann Tom Sullivan an,
der sich für die blutigen Effekte in “Within the Woods“ und später
auch “The Evil Dead“ verantwortlich zeichnete. Ellen Sandweiss, die auch später
im eigentlichen Film “The Evil Dead“ mitspielen sollte, als weibliches Opfer
und Bruce Campbell als ihr später besessener Freund, waren die Stars des
Vorläufers. Mit einer positiven Kritik Michael McWilliams, der für
die Zeitung Detroit News schrieb, machten sie sich auf Sponsorenfang und fanden
ihren ersten wichtigen Sponsor völlig unverhofft in der Fotoabteilung eines
Supermarktes. Durch Mundpropaganda fanden sich dann immer mehr, bis der Dreh
schließlich mit einem Anfangsbudget von 85.000 US-Dollar beginnen konnte.
Das Vorhaben, den Film in Super 8-Format zu drehen und ihn dann auf 35mm zu
vergrößern, verwarfen sie zum Glück schnell wieder, nachdem
sich in einigen Tests herausgestellt hatte, dass die Bildqualität nicht
zufriedenstellend war. Nachdem sich dann allerdings auch die Sponsoren gefunden
hatten, entschlossen sie sich zu einem Mittelweg, einem Format von 16mm, das
sie dann später für eine Kinoauswertung auf 35mm vergrößerten.
Sam
Raimi arbeitet in "Tanz der Teufel" mit einfachsten Stilmitteln, um
die nervenaufreibende Atmosphäre zu kreieren. Geld für besonders ausgefeilte
und technisch hochgradige Spezialeffekte hätte er auch gar nicht gehabt.
So einfach die Mittel allerdings auch sein mögen, so wirkungsvoll sind
sie dann aber auch. Sam Raimi ist ein sehr aufs Visuelle orientierter Regisseur
und das merkt man in fast jeder Szene des Films. Was andere Regisseure versuchen,
mit einer Menge Spezialeffekte zu kreieren, schafft Raimi lediglich mit der
bloßen Aussagekraft seiner Bilder. So wird dem Zuschauer direkt am Anfang
ein kleines Appetithäppchen präsentiert, in dem Raimi zeigt, was ihn
so erwartet. Eine Kamerafahrt durch den Wald, welche die Bewegung eines Wesens
aus einer anderen Welt demonstrieren soll, das über den Waldboden, kleinen
Tümpeln und zwischen Bäumen herzufliegen scheint und unbeirrt auf
sein Ziel zusteuert. Die Aufnahme, in der sich das Wesen über den kleinen
Tümpel bewegt, wurde übrigens von Sam Raimi in einem Gummiboot aufgenommen,
das er von Bruce Campbell anschieben ließ, während er mit der Kamera
über das Wasser und verfaulendes Geäst glitt. Diese fast schon schwindelerregenden
Kamerafahrten sind es, die – so unspektakulär sie sich in ihrer Beschreibung
auch anhören mögen – einen Großteil der Atmosphäre ausmachen.
Gerade mitunter durch die Kamerafahrten wird die Spannung auf den Höhepunkt
getrieben, wenn sich Ash (gespielt von Bruce Campbell) im Haus verschanzt, während
der böse Geist außerhalb des Hauses umherrast. Das Spektakuläre
an den Kamerafahrten und – einstellungen ist begründet in den Eigenkonstruktionen,
die speziell für diesen Film vom Team entwickelt wurden. Not macht erfinderisch
und im Falle von Sam Raimi und seinem Team war es die Geldnot, die sie dazu
zwang ihre Lösungen selbst zu konstruieren. Um weichere Bewegungen in die
Kamerafahrten und -bewegungen zu bekommen, wurde die vom Team liebevoll „Vas-O-Cam“
genannte Konstruktion entwickelt. Diese bestand aus einem Brett, welches auf
zwei Zweibeinen stehend mit Vaseline eingeschmiert wurde. Die Kamera wurde auf
ein passendes U-förmiges Holzstück gesetzt und konnte dann wesentlich
weicher über das Brett fahren, als es für die Crew bis dahin anders
möglich gewesen wäre, bis dato nämlich auf einem einfachen Drehstuhl.
Dann gab es noch die „Shaky Cam“, eine Low-Budget Version der „Steadi Cam“.
Diese bestand lediglich aus einer auf einem normalen Brett befestigten Kamera.
Der Kameramann griff sich das Brett an beiden Seiten und rannte damit los, wodurch
die Sicht des bösen Wesens simuliert wurde, welches durch die Wälder
fegt. Dieser Effekt ist bis heute einer der atmosphärischsten im Film.
Auch
der übrige Einsatz der Kamera ist gut gelungen und äußerst innovativ.
Neben den eben genannten Konstruktionen bediente sich Sam Raimi auch besonderer
Aufnahmetechniken und (ganz besonders) –winkeln. So filmte er teilweise in 45,
90 oder gar 180° Winkeln über Kopf oder anderen recht ungewöhnlichen
Perspektiven oder jedes Bild einzeln, um die Bewegungen weicher und präziser
zu gestalten. Sam Raimi filmte in fast jedem nur denkbaren Winkel und aus fast
jeder nur denkbaren Position, was zu der horriblen und sehr pessimistisch wirkenden
Grundstimmung deutlich beiträgt. Die Kameraeinstellungen verdeutlichen
in diesem Sinne an vielen Stellen den Wahnsinn, der Ash oder die anderen Darsteller
langsam befällt, sofern sie noch nicht getötet wurden. Je näher
der Film zu seinem Ende kommt, desto öfter trifft man auf die beschriebenen
Einstellungen. Sam Raimi hat besonders die Fenster und Türen in diesen
unnormalen Gradaufnahmen abgefilmt und suggeriert unter zu Hilfenahme zahlreicher
Licht- und Schatteneffekte, dass das Haus selber ein Teil des Bösen ist
– dass in ihm sozusagen der Wahnsinn haust. Wenn Raimi die Gänge und Türen
verdreht aufnimmt, könnte man sogar fast meinen, man befände sich
in einem „Madhouse“ eines Jahrmarktes und der Begriff trifft es eigentlich sogar
ganz gut. Wäre der Film mit „Madhouse“ betitelt worden, so hätte dieser
Name wohl nicht minder zur gezeigten Szenerie gepasst wie “The Evil Dead“.
Ein
anderes Stilmittel, das er benutzte, sind Nahaufnahmen von den Gesichtern der
Protagonisten und zwar so nah, dass man fast jede einzelne Pore erkennen kann.
Dieser Filmeffekt wirkt sich auf den psychologischen Aspekt des Films aus. Die
Nahaufnahmen verdeutlichen dem Zuschauer den Horror und bringen ihm den Schrecken
viel näher, als es viele andere Horrorfilme jemals geschafft haben und
dokumentieren darüber hinaus den Wahnsinn, dem die Darsteller langsam aber
sicher anheim fallen.
Das
Haus, in dem sich der Großteil der Handlung abspielt, wurde sehr gut ausgewählt
und kann seinen Charme innerhalb des Filmes voll entfalten. Die kleine Hütte
wurde in einem Waldstück im Örtchen Morristown, Tennessee (ca. 40
Meilen nordöstlich von Knoxville gelegen) erst einen Tag vor Drehbeginn
am 13. November 1979 entdeckt. Nebenbei hat sie auch eine kleine Geschichte,
die sich aber erst später offenbarte. In den 30er Jahren soll ein Mädchen
namens Clara mit ihrer Familie dort gewohnt haben. Als eines Nachts ein starker
Gewittersturm durch das Tal fegte, wurden ihre Eltern auf brutale und unerklärliche
Weise ermordet. Seither lief Clara bei jedem starken Sturm vom örtlichen
Altersheim zur Hütte, um nach ihren Eltern zu sehen. Einige Tage vor Drehbeginn
wurde sie in den Hügeln hinter der Hütte aufgefunden. Das Problematische
an dem sehr charismatischen Häuschen war allerdings, dass es nicht in dem
Zustand war, in dem man es hätte gebrauchen können. Die Hütte
hatte weder Strom, noch fließend Wasser, keinen Telefonanschluss oder
gar Türen. Hinzu kamen viel zu kleine Räume und eine klaustrophobisch
niedrige Decke. Bevor gedreht werden konnte, erforderte es eine Menge Arbeit,
die Hütte herzurichten. Da allerdings so schnell wie möglich gedreht
werden musste, beschäftigte sich ein Teil des Teams mit Außenaufnahmen,
während der ganze Rest (inklusive der Darsteller) das Haus präparierte.
Es wurden Wände herausgeschlagen, Decken erhöht, eine Falltür
inklusive des dazugehörigen Kellers teilweise ausgehöhlt (wirklich
reingepasst hätte dort niemand, die im Film gezeigten Kellerszenen wurden
im Haus der Taperts in Marshall, Michigan über einen Zeitraum von 2 Wochen
aufgenommen) und Jahre von Tapetenresten in Form von alten Zeitungen von den
Wänden gekratzt. Das Klaustrophobische des Hauses kann der Zuschauer immer
noch spüren, wenn Ash durch die engen Gänge und Zimmer gejagt wird,
es kaum einen Fluchtweg gibt und er von Dämonenwesen in den vier Wänden
eingekesselt wird. Eine kleine Anekdote gibt es noch zu dem im Keller hängenden
halb abgerissenen Poster von Wes Cravens Klassiker "The
Hills Have Eyes"
(USA, 1977). Sam Raimi sah diesen Film und ihm fiel ein halb abgerissenes Poster
eines weißen Hais auf, das er als Anspielung auf Steven Spielbergs "Jaws"
("Der weiße Hai", USA, 1975) ansah. Auch Wes Craven bestätigte
in einem Kommentar zu dieser Szene, dass es sich wirklich um ein „Jaws“-Poster
handelte, nur schweigt dieser sich leider zu dessen Intention aus. Raimi interpretierte
diese Szene, als wolle Wes Craven sagen, dass "Der weiße Hai"
zwar ein netter Film wäre, aber "The Hills Have Eyes" der wahre
Horror ist. Und so entschied sich Sam Raimi für eine sehr ähnliche
Anspielung, hängte ein "The Hills Have Eyes"-Poster in den Keller
der einsamen Hütte und deutete damit an, dass Wes Cravens "The Hills
Have Eyes" zwar auch ein netter Gruselfilm sein, "The Evil Dead"
aber den wahren Horror präsentieren würde. Wobei Raimi dies nicht
wirklich ernst meinte, war er doch ein großer Fan von Cravens Horrorklassiker.
Wer
sich mit den Klassikern Wes Cravens beschäftigt hat, dem wird aufgefallen
sein, dass dieser Sam Raimi in seinem Film "A
Nightmare On Elmstreet"
(USA, 1984) eine Retourkutsche gab, als in einem kleinen Fernseher, während
einer Szene mit Hauptdarstellerin Heather Langenkamp kurz ein Ausschnitt von
"The Evil Dead" zu sehen ist. Wer sich diese Szenen genau anschaut,
wird feststellen, dass Wes Craven wohl nicht unbeabsichtigt Ausschnitte gewählt
hat, die in Raimis ganz besonderem Stil (in verschiedenen Gradwinkeln) aufgenommen
wurden. Auch Wes Craven schien diese Szenen als Ausdruck des Horrors, den "The
Evil Dead" verbreitet, zu interpretieren. Dies ließ Raimi wiederum
allerdings auch nicht auf sich beruhen und hängte in seinem Sequel "The
Evil Dead 2" (USA, 1987) eine Replika des Messerhandschuhs Freddy Kruegers
aus "A Nightmare on Elmstreet" an eine Wand im Keller. Die Hütte
ist übrigens irgendwann im Jahre 1980 niedergebrannt. Lediglich die Feuerstelle
blieb erhalten und wurde zu einem öffentlichen und kostenlosen Fanshop
für die Die-Hard-Fans, die es schafften, herauszubekommen, wo das Häuschen
wirklich stand. Die Außenaufnahmen (besonders nachts) wurden in ihrer
Intensität durch eine Nebelmaschine verstärkt. Dieser Nebel, der nachts
geradezu aus dem Boden herausgetrieben wird, symbolisiert zum Einen das Erscheinen
und Erwachen des Bösen (genauso schnell, wie er entstanden ist, verzieht
er sich auch wieder, wenn der Morgen dämmert) und lässt den ganzen
Wald als ein unheilvolles und mystisches Gebilde erscheinen. Man hat fast den
Anschein, es würde ein Zauberwald präsentiert, der des Nachts seine
magischen Kräfte entfaltet.
Die
von Tom Sullivan eingesetzten Spezialeffekte können durchweg überzeugen
und bieten gerade im Amateurbereich einen ungewohnt hohen Qualitätsstandard.
Die Masken und Körper der Dämonen sehen alle ziemlich gruselig und
schreckenerregend aus. Insbesondere die großen, weißen Augen sind
besonders hervorzuheben, die dem Zuschauer immer wieder – selbst bei mehrmaligem
Ansehen – ins Auge stechen. Diese waren eigentlich Scolero-Kontaktlinsen aus
Glas(!) mit einer Größe von etwa 2/3(!) des Auges. Da sie aus Glas
bestanden, konnten die Augen darunter nicht atmen und so waren sie nur maximal
15 Minuten tragbar, wovon schon 10 Minuten alleine für das Einsetzen benötigt
wurden. Qualität hatte in diesem Fall ihren Preis. Denn so gut und grauenhaft
die Kontaktlinsen im fertigen Film auch wirken, soviel Qualen mussten die Darsteller
auch erleiden, um mit ihnen zu spielen. Auch die Körperteile und Anzüge
für die Schauspieler waren ähnlich beschwerlich, aber gutaussehend.
So wurde der flüssige Gips direkt auf die mit Vaseline eingeriebene Haut
gekippt, was die unerwarteten Nebeneffekte einer mobilen Sauna und einer Enthaarung
beim Ablegen der Körperteile hatte. Im Großen und Ganzen bestanden
die Strapazen der Akteure aus wunden Körperteilen, aufgrund der extremen
Hitze, die sich unter den Gipsteilen bildete und der Enthaarung beim Ablegen
des gehärteten Gips (die Darsteller konnten unter den Gipsabdrücken
keine Kleidung tragen), sowie extrem angespannter Augen, resultierend aus unzähligen
Versuchen, die Scolero-Kontaktlinsen zu tragen. Auch vor weiteren Torturen waren
die Darsteller nicht gefeit. So mussten sich Rob Tapert und Theresa Seyferth
stundenlang und unter Krämpfen unter den Fußboden zwängen, Ellen
Sandweiss musste des Nachts nur mit Nachthemd und Slip bekleidet bei 40 Grad
Fahrenheit durch die Büsche rennen, Betsy Baker sollte in einer anderen
Szene eine milchige Flüssigkeit spucken, wenn Sam Raimi ihr einen Holzpflock
zwar nicht mit voller Wucht, aber doch schmerzhaft auf den Schädel trümmert.
Kombiniert
mit den derben und sehr gut in Szene gesetzten Bluteffekten Sullivans schufen
sie ein sehr kontroverses Werk, welches allerdings mehr unter dem Motto des
Spaßes stand, als unter dem der Gewaltpornographie. Der gute Rat des Filmvorführers
Andy Graiger der Butterfield Kinos in Detroit, „Freunde, egal was ihr macht,
das Blut muss ständig den Bildschirm runterlaufen“, wird wohl nicht unwesentlich
zum Blutgehalt beigetragen haben. Leider haben die deutschen Zensoren das Motto
anscheinend gar nicht oder eben falsch verstanden und verbannten das Werk kurzer
Hand in seiner ursprünglichen Fassung vom deutschen Videomarkt. Nach zahlreichen
Rechtsstreitigkeiten durfte dann doch noch eine um knapp 45 Sekunden gekürzte
Fassung auf den Markt gebracht werden, die zwar in ihren Gewaltszenen fast völlig
kastriert wurde, die Atmosphäre des Films aber dennoch so vermittelt, wie
sie in der ungeschnittenen Fassung angedacht war. So gibt es gleich eine ganze
Reihe spektakulärer Szenen, die sich in ihrer Inszenierung überraschend
simpel gestalteten, in ihrer Wirkung allerdings noch heute zu beeindrucken wissen.
Die wohl berüchtigste Szene des Films ist wohl die, in der die von einem
Dämon besessene Shelly von ihrem Freund mit einer Axt in Stücke gehakt
wird. Da Sam Raimi von vornherein nicht geplant hatte, irgendwelche Regeln der
MPAA einzuhalten, war das Problem des Ratings sowieso von Anfang an auszuschließen.
Der Film wurde der MPAA gar nicht erst vorgelegt und galt somit von vornherein
sowieso als "unrated". Um diese Szene zu verwirklichen, legte sich
Theresa Seyferth (aka Shelly) einfach teilweise unter den Holzboden. Ein Loch
im Boden gab ihr dann die Möglichkeit ihren Kopf hindurchzustecken. Rob
Tapert übernahm die Aufgaben ihres abgehackten Armes und Beines. Dazu musste
er sich ebenfalls unter den Fußboden zwängen, nur dass bei ihm lediglich
ein Arm und ein Bein zum Vorschein kamen.
Gerade
die grandios in Szene gesetzten Bluteffekte Sullivans sind es, die den Film
zum einen zum absoluten Kultfilm avancieren ließen, die Atmosphäre
des Films allerdings auch in seiner Ausweglosigkeit wesentlich bestärken.
Ist der Zuschauer schon durch die klaustrophobische Wirkung und Einsamkeit des
Drehortes davon überzeugt, dass es für den Filmhelden Ash vermutlich
keinen Ausweg gibt, so wird er durch die Brutalität und Grausamkeit der
Dämonen noch darin bestärkt, Ash alle Hilflosigkeit der Welt gegenüber
den Feinden zu attestieren. Im Grunde wird es im Film auch so praktiziert, wie
der Zuschauer es erwartet. Ash entkommt den finsteren Dämonen nur durch
Verstecken oder Weglaufen. Eine direkte Konfrontation scheint schon von vornherein
keinen Sinn zu ergeben und mit großer Wahrscheinlichkeit im Tode des Protagonisten
zu enden.
Die
Ausweglosigkeit und die Unmöglichkeit des Entkommens werden schon von vornherein
im Film vermittelt. Ganz zu Anfang schon dadurch, dass der Zuschauer wahrnimmt,
mit welcher Geschwindigkeit das unbekannte Böse durch den Wald hindurchfegt,
als es auf den Wagen der fünf Freunde zusteuert. Auch die späteren
Kamerafahrten lassen Gewahr werden, dass Weglaufen keine Lösung ist, denn
der Geist ist schneller. Im Verlauf des Films wird den Gefangenen der Hütte
dann auch noch der Fluchtweg mit dem Auto abgeschnitten, indem die Brücke
zerstört wird. Der später im Keller gefangen gehaltene Dämon
symbolisiert die Allgegenwärtigkeit des Bösen und verdeutlicht ganz
unverblümt, dass es kein Entrinnen geben kann. Das kleine Grüppchen
wird sozusagen unterminiert und nach und nach ausgelöscht. Sam Raimis (der
neben Regisseur auch gleichzeitig Drehbuchautor war) Grundkonzept ist dabei
so wirkungsvoll wie simpel. Wer nicht von einem Dämon besessen ist, wird
von einem gejagt, wer nicht direkt getötet wird, wird irgendwann gefangen
und wünscht sich dann, direkt getötet worden zu sein, wer getötet
wird, kommt zurück als unaufhaltbares Monster und jagt die Nichtbesessenen.
Ein wortwörtlicher Teufelskreis ...
Der
einzige Spezialeffekt, den das Team nicht alleine meistern konnte, war die grandiose
Abschlusssequenz, in der die von Dämonen besessenen Darsteller (Scotty
und Shelly) förmlich zerfließen. Die Idee zu dieser Sequenz kam von
Raimi persönlich, der sich für das Ende eine Art „Burner“ wünschte,
eine Abschlusszene, nach der dem Publikum der Mund offen stehen würde.
Für diese Szenen zeichnete sich der Effektmeister Bart Pierce in Zusammenarbeit
mit Tom Sullivan verantwortlich, die alleine 3 Monate an Animationsaufnahmen
verschlang.
Mit
der detailreichen Sounduntermalung sind die von Raimi in fast künstlerischer
Ästhetik gedrehten Szenen die heimlichen Höhepunkte des Films. So
gibt es z.B. eine Aufnahme, in der die Kamera über den Dachbalken herfährt,
unter denen sich Ash durch das Häuschen bewegt. Mit jedem vorbeirauschenden
Balken ertönt ein kleines „Whap“-Geräusch, welches inszenatorisch
gesehen den Spannungsbogen äußerst strapaziert. Dieses Zusammenspiel
von außergewöhnlichen Einstellungen und die darüber gelegten
Soundeffekte fallen auch schon am Anfang des Films auf. Als Ash und seine Freunde
mit dem Auto anreisen, hämmert eine an Ketten unter dem Vordach des Hauses
befestigte Bank wie von Geisterhand angestoßen in rhythmischem Takt gegen
die Hauswand. In dem Moment, als Scotty den Schlüssel des Vordereingangs
in die Hand nimmt, bleibt die Bank, als hielte sie jemand fest, stehen. Während
dieser Szene filmte Raimi Scotty von allen möglichen Positionen, während
derer das Hämmern der Bank durchweg im Gehörgang des Zuschauer schallt.
Diese Szene wirkt, als würde die Gruppe in eine fremde Welt eindringen,
als hätten sie die Stille und Einsamkeit in diesem Moment für immer
gebrochen. Auch während der Waldfahrten aus der Sicht des bösen Geistes
ertönt eine Musikuntermalung, die sich in einem anhaltenden, permanenten
Surren äußert und je nach Geschwindigkeit des Wesens die Tonlage
etwas anhebt oder absenkt, die den Zuschauer stets darauf warten lässt,
dass die Spannung Überhand nimmt und ihn darauf hoffen lässt, dass
endlich etwas passiert, um den Blick wieder ungestört auf das Geschehen
konzentrieren zu können.
Die
Darsteller können trotz ihres Amateurstatus überzeugen und sind, genauso
wie der Drehort, Opfer der Umstände. Auf der Suche nach den richtigen Darstellern
musste das Team schnell feststellen, dass die meisten Schauspieler in der Gewerkschaft
waren und sie sich diese deshalb aufgrund finanzieller Mittel nicht leisten
konnten. Also war die Devise, Darsteller zu finden, die (noch) keine Mitglieder
der Gewerkschaft waren. Nach einem Schrei-Casting Anfang Oktober 1979 standen
die Darsteller dann fest. Bruce Campbell spielt Ashley „Ash“ J. Williams, den
er auch noch in den zwei Sequels "Evil Dead 2" (deutscher Videotitel:
"Tanz der Teufel 2") und "Army of Darkness" (deutscher Kino-
und Videotitel: "Armee
der Finsternis")
mit Erfolg mimen durfte, Ellen Sandweiss war schon aufgrund ihrer langen Freundschaft
und ihrem vorherigen Auftritt in "Within the Woods" von vornherein
eingeplant und übernimmt die Rolle der Cheryl, Betsy Baker mimt Linda und
ihr damaliger Freund Rich Demanincor, der im Film unter dem Künstlernamen
Hal Delrich (eine Kombination seiner zweier derzeitigen Mitbewohnern Hal und
Del) auch den Part des Freundes im Film übernimmt und Teresa Seyferth,
die aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft versuchte, unter Künstlernamen
wie Theresa Tilly oder Sarah York unerkannt zu bleiben, später allerdings
entlarvt und aus der Gewerkschaft geschmissen wurde, als Shelly. Alle Darsteller
arbeiteten für einen Wochenlohn von 100 US-Dollar, was im Gegensatz zu
heute wohl nicht mehr machbar wäre.
Etwas
genauer hervorzuheben wäre eigentlich nur Bruce Campbell, da er der einzige
der Darsteller ist, der sich im Laufe des Films nicht in einen Dämon verwandelt
und deswegen eben nicht irgendwann unter einer Gipsmaske verschwindet. Bruce
Campbell spielt seine Rolle allerdings ganz hervorragend und kreiert, zum damaligen
Zeitpunkt mit Sicherheit noch unbewusst und unbeabsichtigt, eine Kultfigur des
Horrorfilms, der er neben viel Berühmtheit auch eine Menge Kopfzerbrechen
zu verdanken hat. Die Gestik und Mimik Campbells ist im ersten Werk noch nicht
so sarkastisch und komödiantisch ausgearbeitet, wie in den beiden Nachfolgefilmen
(insbesondere im dritten Teil), was die Figur von Anfang an etwas menschlicher
erscheinen lässt, zu der man somit einen besseren Zugang hat und die nicht
den Superhelden-Status für sich in Anspruch nimmt. Man kann sich im ersten
Teil einfach mit Ash identifizieren, weil das, was er tut und erleidet einfach
realistischer ist, als seine Ein-Mann-Gegen-Eine-Armee Nummer in den Nachfolgefilmen.
Bruce Campbell sagt selber, dass er sich in Folge der ersten beiden Teile von
einem feigen Schwächling ("Tanz der Teufel 1") zu einem willensstarken
Anführer ("Tanz der Teufel 2") entwickelte. Kombiniert mit den
außergewöhnlichen Kameraeinstellungen, die das Gefühl des voranschreitenden
Wahnsinns verstärken, wirkt die Verwicklung Ashs in die ganze Szenerie
umso schicksalhafter und sinnloser. Und wirklich ist Ash den gesamten Film über
ein Opfer, welches sich nur mit Mühe und Not – meist nur durch Verstecken
und Wegrennen, was die Opferrolle noch bekräftigt – den Dämonenattacken
erwehren kann und gegen Ende des Films dann doch dem unbekannten Bösen
zum Opfer fällt.
Interessant
zu erwähnen ist vielleicht auch noch, dass es in den Credits des Films
eine eigene Kategorie für die sogenannten „Fake Shemps“ gibt. Dieser Umstand
begründet sich darin, dass die Dreharbeiten länger dauerten als geplant.
Da viele Mitglieder des Teams wieder zurück zur Schule mussten oder ganz
einfach keine Lust mehr hatten, wurden viele Szenen mit Darstellern gedreht,
die vorgaben jemand anderes zu sein. Allerdings ist Sam Raimi der Einsatz der
fake Shemps relativ gut gelungen und nicht so leicht zu entlarven, wie bei der
Entstehung des Begriffs. Der Begriff stammt von dem Charakter Shemp aus den
Three Stooges. Shemp erlitt eines Tages eine Herzattacke. Da aber noch Szenen
gedreht werden mussten, setzte man ganz einfach einen Schauspieler ein, der
Shemp spielen sollte. Da dies aber wohl sehr offensichtlich war, wurde der Schauspieler
als ein fake (engl. Wort für Fälschung) von Shemp enttarnt. Danach
gab es das Wort "fake shemp" im Sprachsatz jeden Regisseurs...
Einen
eigenen Abschnitt widme ich auch den Einflüssen, die Sam Raimi zu seinem
letztendlich entstandenem Werk inspirierten und ohne die "The Evil Dead"
entweder gar nicht erst entstanden oder nicht das geworden wäre, was er
heute ist. Als erstes wäre vielleicht Wes Cravens "The Hills Have
Eyes" (USA, 1977), zu deutsch "Hügel der blutigen Augen",
der eine kleine Ehrung bekommt, indem Sam Raimi ein halb abgerissenes Poster
des Films in den Keller hängt, zu nennen. Seine Intention ist natürlich
zuallererst auf das "Jaws"-Poster in "The Hills Have Eyes"
bezogen, bei der Kommentierung dieser Szene spricht Sam Raimi allerdings von
einem großartigen Horrorklassiker und es ist anzunehmen, dass ihn der
Wahnsinn aus "The Hills Have Eyes" ein wenig bei seinem Schaffen beeinflusst
hat. Der größte Einfluss war natürlich George A. Romeros "Night
of the living Dead"
(USA, 1968), zu deutsch "Die Nacht der lebenden Toten", dessen großer
Einfluss auf Sam Raimi einmal darin bestand, ihm zu zeigen, dass man auch gute
Low-Budget-Filme drehen kann, die sich auf fast ausschließlich eine einzige
im Film gezeigte Location beschränken (in diesem Fall eine kleine Hütte,
die von Untoten bzw. Dämonen belagert wird) und deren Darsteller an 2 Händen
abzuzählen sind und zum anderen natürlich die Story an sich, denn
dass sich Sam Raimi mit einer Story über eine Gruppe von Männern und
Frauen, die in einem Haus eingekesselt sind und dort um ihr Leben bangen müssen,
weil die Monster von allen Seiten versuchen, in das Haus einzudringen, stark
an Romeros Klassiker und Auftakt zu einer wahren Zombiefilmwelle orientierte,
ist wohl schwer von der Hand zu weisen. Einen anderen Einfluss erkennt man fast
zu Anfang des Films, denn hier wurde von Raimi eine Hommage an Tobe Hoopers
"The
Texas Chainsaw Massacre"
(USA, 1974) – auch hier wieder eine hervorragende deutsche Titelgebung mit "Blutgericht
in Texas" – entrichtet. Der Geräteschuppen des Hauses erinnert mit
den herumbaumelnden Knochen und toten Tierkadavern, sowie den verrosteten Werkzeugen
nicht nur zufällig an Tobe Hoopers Meisterwerk. Auch der Einfluss von "Texas
Chainsaw Massacre" zeigt sich nicht nur in der einen Szene, sondern zieht
sich als eine ganze Reihe von Verletzungen des guten Geschmacks durch den gesamten
Film, wobei man allerdings anmerken sollte, dass Raimis Werk weder eine so kritische
und durchdachte Grundaussage beinhaltet, wie Hoopers Meilenstein der Horrorfilmgeschichte,
noch trotz seiner doch recht blutigen Einsprengsel, ganz im Gegensatz zu "Texas
Chainsaw Massacre", in dem Hooper mehr auf latenten Horror setzt, als auf
das direkte Ausbeuten der Grausamkeiten durch die Kamera, eine dermaßen
sadistische Geschichte präsentiert. Eine kritische Aussage wollte Raimi
dem Film wohl auch gar nicht zu Grunde legen. Er sollte einfach nur Spaß
machen. Trotz der vielen mehr oder minder starken Einflüsse ist "The
Evil Dead" als völlig eigenständiges Werk einzustufen. Raimi
filmt in einem ganz eigenen Stil, der zwar gewisse Einflüsse der genannten
Filme nicht von der Hand weisen kann, aber dennoch eine völlig individuelle
Atmosphäre aufweist, die sich weder in der Grundstimmung, noch in der Aussage
mit genannten Werken vergleichen lässt oder gar als Plagiatur verunglimpfen
lassen müsste.
"The
Evil Dead" wird oft als ein überbewertetes Werk angesehen, das den
Kultstatus mehr durch die Verbote und Kontroversitäten errang, als durch
die Qualität des Films. Auf den ersten Blick, könnte man dem fast
zustimmen, denn "The Evil Dead" ist ein 82-minütiges Splatterwerk
(der Rohschnitt betrug 117 Minuten, der dann aber aus Gründen der Geschwindigkeit
auf 82 Minuten heruntergekürzt wurde) mit wenig Story und insgesamt nur
fünf Darstellern, wenn man die beiden anfänglich zu sehenden Angler
(gespielt von Sam Raimi und Rob Tapert) und den Brückensteher (gespielt
von Rob Tapert) nicht mitzählt. Eine feine Ausarbeitung der Charaktere
trifft man ebenso wenig an, wie ausgeklügelte Dialoge oder vertüftelt
ineinander greifende Szenerien. Der Film lädt zum Abspannen ein, denn nachdenken
muss man dabei nicht. Das Erstaunliche ist, dass der Film funktioniert und zwar
besonders gut. Er unterhält 82 Minuten lang, ohne an Spannung zu verlieren
oder Lücken im Plot zu offenbaren. Beim genaueren Hinschauen erkennt man
dann, was den Film eigentlich so gut und zu einem Meisterwerk macht. Die besondere
Art der Aufnahmen Sam Raimis und die detailreichen Sounduntermalungen sind es
– teilweise schon Kunst gleichend –, die den Film zu einem besonders atmosphärischen
Erlebnis machen. Da der Film unheimlich schnelllebig ist, fallen diese Aufnahmen
und visuellen Effekte nicht direkt auf, sondern offenbaren sich eher indirekt
und unterschwellig in der geladenen Spannung des vorliegenden Streifens. Dieser
Film ist ein Meilenstein und das nicht wegen seiner enormen Grausamkeit und
Brutalität, sondern wegen seines ganz speziellen Aufnahmeverfahrens, durch
das eine Atmosphäre kreiert wurde, vor der selbst Stephen King den Hut
abnahm, als er sich mit folgenden Worten in dem Magazin „Twilight Zone“ äußerte
(frei übersetzt): „der grausamste echte Horrorfilm des Jahres (1982, Anm.
des Verfassers)“. Dies bestätigt auch die geschnittene Version des Filmes,
die zwar in den gröbsten Gewaltszenen zensiert wurde, das Werk Raimis aber
trotzdem nicht seiner Spannung und Atmosphäre beraubt, die den Zuschauer
so gebannt vor dem Fernseher hocken lassen. In England befand sich der Film
im Jahre 1983 auf Nummer 1 der Videocharts und stand sogar noch über Stanley
Kubricks "The Shining".
Markus
Buttstädt
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei:
Zu
diesem Film gibt’s im archiv
mehrere Texte
Tanz
der Teufel
(The
Evil Dead, USA 1982)
aka.
Tanz der Teufel 1
aka.
Book of the Dead
aka.
Casa, La
aka.
Opéra de la terreur, L'
aka.
Evil Dead - Posesión infernal
Regie:
Sam Raimi
Drehbuch:
Sam Raimi
Spezialeffekte:
Tom Sullivan, Bart Pierce
Freigabe:
ab 18 Jahre
Genre:
Horror
Kamera:
Timo Philo
Musik:
Joe Loduca
Produzent:
Robert G.Tapert
Länge:
82 Minuten (PAL)
Dt.
Start: 10.02.1984
Darsteller:
Bruce Campbell (Ashley “Ash” J. Williams), Ellen Sandweiss (Cheryl), Rich Demanincor
aka Hal Delrich (Scotty), Betsy Baker (Linda), Theresa Seyferth aka Sarah York
aka Theresa Tilly (Shelly)
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