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Der Terminator

 

Nicht vielen Filmen ist es vergönnt, Sätze zu produzieren, die Teil der Popkultur werden. Sprüche wie "Jeder nur ein Kreuz" oder "Weißt Du, wie sie einen Viertelpfünder in Europa nennen?" werden gerne auf Studentenpartys zitiert, weisen den Zitierenden gleich als Fan eines Regisseurs oder einer Stilrichtung aus und geben gerne Anlass zum lustvollen Stöbern im Fundus der Kinoproduktionen. Es ist geradezu ironisch, dass ausgerechnet eine Figur, die in ihrem ersten Kinoauftritt wenig mehr als 90 Wörter spricht, überproportional viele dieser bekannten "One-liner" produziert hat: Der Terminator. Sprüche wie "Ill'be back", "Hasta la vista, baby" (aus "Terminator 2") oder "Come with me, if you want to live" (freilich ursprünglich nicht vom Terminator ausgesprochen), sind zum festen Popkultur-Fundus geworden, den auch Menschen beherrschen, die nie einen Film aus der nun zur Trilogie angewachsenen Reihe gesehen haben.

Ursprünglich ist der Terminator einer Fieberphantasie erwachsen: James Cameron erzählt in Interviews und diversen Making-Ofs gerne die Geschichte, dass der Keim von "Der Terminator" ein Fieberalptraum gewesen sei, den der Regisseur und Drehbuchautor während der Dreharbeiten zu einem anderen Film in einem Hotelzimmer in Rom hatte: Einer Flammenwand entsteigt ein Roboter, der aussieht, wie ein menschliches Skelett. Aus dieser Grundidee bastelte Cameron innerhalb kürzester Zeit ein Treatment, dass bereits "The Terminator" hieß. Was in der offiziellen Chronologie des höchst erfolgreichen Streifens gerne verschwiegen wird, ist, dass offenbar Cameron nicht so ganz inspirationslos handelte: Es existieren zwei von Harlan Ellison geschriebene "Outer Limits"-Folgen, die eine verblüffend ähnliche Geschichte erzählen. Erst die Androhung eines Gerichtsverfahrens bewog die Macher der Welterfolges dazu, in neueren Videoeditionen im Abspann den Namen von Ellison einzufügen.

 

Die Terminator-Trilogie ist eine dieser Filmreihen, die grundsätzlich ähnliche Motive in allen Teilen auf neue Art und Weise wieder-erzählt. So legte Cameron im ersten Teil die grundsätzlichen Parameter des "Terminator-Universums" fest: Eine Kampfmaschine aus der Zukunft wird in die Gegenwart geschickt. Der Terminator (Arnold Schwarzenegger) hat nur einen Auftrag. Er soll die junge Sarah Connor (Linda Hamilton) ausfindig machen und töten. Mit der tödlichen Folgerichtigkeit einer programmierten Maschine ermordet der Terminator einfach alle Einwohner von Los Angeles, die Sarah Connor heißen. Doch die Sarah Connor, um die es geht, ist nicht ohne Schutz: Ein Widerstandskämpfer aus der Zukunft, Kyle Reese (Michael Biehn) wird ebenfalls in die Gegenwart geschickt, um Sarah zu beschützen. Trotz seiner körperlichen Unterlegenheit hat er einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Terminator: Er weiß, wie Sarah Connor aussieht.

 

Schon bald befinden er und Sarah sich auf der Flucht vor der Mordmaschine. Hierbei erfährt Sarah auch, warum sie zum Abschuss freigegeben wurde: In naher Zukunft wird das Militärnetzwerk Skynet fast die gesamte Menschheit ausrotten. Auf die wenigen Überlebenden machen Kampfroboter und Flugmaschinen Jagd. Doch es regt sich Widerstand. An deren Kopf steht John Connor, der noch ungeborene Sohn von Sarah. Weil dieser in der Zukunft droht, die Maschinen zu besiegen, schickten diese den Terminator in die Vergangenheit, um das Problem an der Wurzel auszurotten, indem Sarah getötet wird…

 

"Der Terminator" gehört zu einer bestimmten Sorte von "Kultfilmen", deren Erfolg sich erst im Verlaufe der Jahre langsam, aber beständig aufbaute. Beim Kinostart 1984 war der sehr düster wirkende Streifen nur mittelprächtig erfolgreich. Erst Fernsehausstrahlung und Videorelease lösten eine stetig anwachsende Begeisterung aus, die aus "Der Terminator" ein Medienphänomen, vergleichbar mit "Star Wars" machte. Für Arnold Schwarzenegger zementierte der Erfolg seinen Status als Actionheld und James Cameron schoss in den Olymp der Starregisseure hinauf. Wie aber erklärt sich der Erfolg von "Der Terminator"?

 

Zum einen liegt das Geheimnis in der auch heute, fast 20 Jahre nach der Entstehung des Streifens beinahe ungebrochenen Rasanz der Inszenierung. "Der Terminator" ist im Kern ein anderthalbstündiger Showdown: Unzählige Autoverfolgungen und Schusswechsel bauen dabei ein enormes Spannungspotential auf, weil jede Konfrontation mit dem Terminator dessen vermeintliche Unverwundbarkeit betont. Schwarzenegger spielt die Rolle seines Lebens: Als Terminator ist er kein Mensch, sondern eine Naturgewalt. Dabei gelang es Cameron, mit dem heutzutage lächerlich erscheinenden Budget von weniger als 7 Millionen Dollar, einen Streifen zu inszenieren, der mit für die damaligen Verhältnisse spektakulären Effekten nicht geizt.

 

Doch all dies hätte dem „Terminator“ nichts genutzt, wenn der Streifen nicht auch eine substantiell interessante Geschichte zu bieten hätte. James Cameron nutzte die Zeitreisen-Idee für einen geradezu genialen Plottwist: Erst die Tatsache, dass der Terminator überhaupt in die Vergangenheit geschickt wird, um John Connor, respektive seine Mutter zu töten, führt zu dessen Zeugung: Kyle Reese und Sarah Connor verlieben sich ineinander und zeugen in der einzigen Liebesnacht, die ihnen vergönnt ist, John. Sarah nimmt sich vor, diese Tatsache ihrem Sohn mitzuteilen, damit dieser wiederum seine eigene Zeugung begünstigt, indem er Kyle in die Vergangenheit schickt.

 

Dieses paradoxe Geschehen beschäftigt den Zuschauer vor allem deshalb so intensiv, weil es vollkommen der traditionell-abendländischen Vorstellung vom Verlauf von Zeit und Geschichte widerspricht: Für Europäer (und Amerikaner) ist Geschichte etwas, das sich linear von der Vergangenheit in die Zukunft bewegt, wobei nicht selten von der Annahme einer stetigen Verbesserung ausgegangen wird. Der Plot von "Der Terminator" hingegen ist zyklisch: Obwohl er natürlich auf einer linearen Zeitachse erzählt wird, wird am Ende des Filmes klar, dass eigentlich das Schicksal des Terminators - und damit auch von John und Sarah Connor von Anfang an besiegelt ist: Denn wenn der Terminator seinen Auftrag erledigt hätte, wäre John Connor nie geboren worden, wäre Kyle Reese nie von ihm beauftragt worden, seine Mutter zu beschützen, wäre der Terminator nie in die Vergangenheit geschickt worden, um Sarah zu töten und so weiter. Allein die Existenz des Terminators führt innerhalb der Filmlogik zwangsläufig zu seiner Vernichtung.

 

Somit schwebt das Damoklesschwert der Determination, über der gesamten Handlung des Filmes und damit auch der Terminator-Serie. Die Angst vor der Determination, der Vorausbestimmung ist eine Grundfrage, die die Menschheit schon seit Jahrtausenden beschäftigt. Gerade die abendländische Philosophie und Religion hat seit jeher schwer an diesem Problem zu knabbern: Nach christlicher Überzeugung weiß Gott um das Schicksal eines jeden Menschen. Doch andererseits zeichnet den Menschen nach derselben Überzeugung vor allem der freie Wille aus. Im Kern ist es der jüdisch-christlichen Tadition bis heute nicht gelungen das dieser Situation entspringende Paradox befriedigend aufzulösen.

 

Was bleibt, ist die Tatsache, dass auch heute noch so manchen Menschen der Gedanke, all sein vermeintlich freiheitliches Tun und Streben könnte vorherbestimmt sein, je nach Temperament in Angst oder Zorn versetzt. Auch Sarah Connor hadert schwer mit ihrem Schicksal. Niemand hat sie gefragt, ob sie überhaupt die Mutter einer Schlüsselfigur der Zukunft sein wollte. Sie hat auch nicht gewollt, dass von dem Zeitpunkt, als Kyle in ihr Leben tritt, ihre bürgerliche Existenz für immer dahin ist, und sie fortan als Outlaw ein Leben auf der Flucht verbringen muss. Da tröstet auch der von Kyle Reese ausgesprochene Satz "The Future is not set" wenig - allein sein Auftreten in der Gegenwart spricht seiner eigenen Aussage Hohn.

 

So entfaltet "Der Terminator" als Film eine sehr ursprüngliche und dadurch besonders durchschlagende Kraft. Sarah Connor, von Linda Hamilton exzellent gespielt, zieht die Sympathien des Zuschauers geradezu magisch auf sich, da sie in Reinkultur die Figur des Menschen verkörpert, der "ins Schicksal geworfen ist". Weil sie aber an ihrem Schicksal nicht zerbricht, sondern wächst, hält sie gleichzeitig als Vorbildfunktion her. Dass sie dabei durch ihre Vernichtung des Terminators in einer riesigen Presse zur ultimativen Maschinenstürmerin wird, ist nur konsequent. Denn das in "Der Terminator" transportierte Misstrauen vor der modernen Technik ist eine weitere Facette der Determinationsangst der Menschen - und eine durchaus nicht unberechtigte. Nur die Zukunft wird zeigen, ob sich der Mensch des 21. Jahrhunderts nicht zu sehr in die Abhängigkeit von Maschinen manövriert hat. Oder steht die Antwort vielleicht schon fest?

 

Daniel Möltner

 

Diese Kritik ist zuerst erschienen bei:  Planet Confusion

 

 

 

 

 

 

 

Der Terminator

Originaltitel: The Terminator

USA, 1984, 102 min, FSK 18/16 (gek. Fassung)

Darsteller:

Arnold Schwarzenegger - Der Terminator

Michael Biehn - Kyle Reese

Linda Hamilton - Sarah Connor

Paul Winfield - Lieutenant Ed Traxler

Lance Henriksen - Detective Vukovich

Rick Rossovich - Matt Buchanan

Bess Motta - Ginger Ventura

Earl Boen - Dr. Peter Silberman

Regie:

James Cameron

Drehbuch:

James Cameron, Gale Anne Hurd

Inspiriert v. Harlan Ellison (ursprünglich nicht in den Credits)

Kamera:

Adam Greenberg

Musik:

Brad Fiedel

 

 

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