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Die
Tiefseetaucher
Mächtig
kommt der Jaguarhai angeschwommen, schön ist er und groß. Er dreht
ein paar Runden, leuchtet und schwimmt wieder davon. Nichts ist passiert. (Natürlich
gibt es gar keinen Jaguarhai, in Wirklichkeit.) Im Grunde lassen sich die Ereignisse
in jedem Wes-Anderson-Film so zusammenfassen: Etwas kommt gewaltig, dreht eine
Runde und verschwindet wieder. In „Die Tiefseetaucher“ ist es nur eine Szene,
der Höhepunkt, wenn man so will, aber im Grunde taugt fast jede Szene in
den Filmen von Wes Anderson als mise-en-abyme seiner Filme. Mise-en-abyme: Der
Film wird in den Film zurückgefaltet, das Bild findet sich im Bild und
im Bild im Bild ist dasselbe zu sehen wie im Bild selbst.
Man
kann mit dieser Struktur glücklich werden und man kann der Meinung sein,
dass es irgendwann nervt. Immer neue Anläufe, aus denen nichts wird, aus
denen nichts folgt. Manchmal keine Anläufe, sondern einfach nur ein Schnappschuss,
aus dem auch nichts folgt (das sind vielleicht die hübschesten Szenen):
Steve Zissou (Bill Murray), den man zwei Sekunden lang sieht, wie er einen großen
Fisch füttert. Das war’s. Manchmal dauert es länger und scheint nichts
anderes im Sinn zu haben, als eine Pointe zu zerreden, zu verfehlen oder zu
versenken. Wes Anderson ist ein Meister des zerschriebenen und unterspielten
Gags. Fragt sich nur, ob das nicht eine Meisterschaft in einer etwas überflüssigen
Disziplin ist.
Zur
Welt, wie wir sie kennen, haben die Welten, die Wes Anderson baut, besser sollte
man sagen, die er bastelt, eine reichlich gestörte Beziehung. Sie sind
mit sich selbst enger verwandt als mit dem, was man vorläufig mal die soziale
Wirklichkeit nennen könnte. Darum geht es immer wieder um Vaterschaften,
umstrittene, falsche, richtige, ungeklärte, um Väter und Söhne,
ein Fortzeugen, das nichts anderes bewirkt als eben die Fortzeugung. So auch
hier. Steve Zissou ist eine Art Jacques Cousteau als Knallcharge, Anführer
eines multinationalen Teams von Tiefseefilmern mit roten Mützen. Sie alle
haben bessere Tage gesehen. Eines Tages taucht ein junger Mann auf (Owen Wilson),
der der Sohn einer ehemaligen Geliebten Zissous ist. Er nimmt ihn ins Team.
Auch eine Reporterin taucht auf (Cate Blanchett), natürlich ist sie schwanger.
Einen
Plot gibt es dabei nur mal eben so, als lässig zusammengestrickte Konzession
an gewisse Erwartungshaltungen. Ein bisschen „Moby Dick“, ein bisschen Piraterie,
der Jaguarhai. Dazu immer wieder Popmusik, ein Highlight dabei die portugiesisch
zerspielte und zersungene Version von David Bowies „Space Oddity“, in deren
Hintergrund der Piratenüberfall beginnt. Die Piraten kommen gewaltig, es
wird geschossen, dann sind sie wieder weg. Das wiederholt sich mit Variationen.
Alle sehen sehr lächerlich aus. Es ist schön, Jeff Goldblum mal wieder
zu sehen. Und der Originaltitel, der ist toll: „The Life Aquatic with Steve
Zissou“. Sonst aber: ein Bild im Bild im Bild. Irgendwann ist der Film aus,
der Sohn auf den Schultern des Mannes, der nicht sein Vater ist. Es zeugt sich
fort.
Ekkehard
Knörer
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Zu
diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Kritiken
Die Tiefseetaucher
The
Life Aquatic With Steve Zissou
USA
2004. R: Wes Anderson. B: Wes Anderson, Noah Baumbach. P:
Wes Anderson, Barry Mendel, Scott Rudin. K: Robert Yeoman. Sch:
David Moritz. M: Mark Motherbaugh, Randall Poster. T: Pawel Wdowczak. A: Mark
Friedberg, Eugenio Ulissi. Ko:
Milena Canonero. Sp: Renato Agostini, Jeremy Dawson. Pg: Buena Vista/Touchstone/American
Empirical. V: Buena Vista. L: 118 Min. Da: Bill Murray (Steve Zissou), Owen
Wilson (Ned Plimpton), Cate Blanchett (Jane Weinslett-Richardson), Anjelica
Huston (Eleanor Zissou), Willem Dafoe (Klaus Daimler), Jeff Goldblum (Alistair
Hennessey), Michael Gambon (Oscary Drakoulias).
Start:
17.3. (D, A, CH)
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