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The
Untouchables – Die Unbestechlichen
Geschichten
von der Prohibition
Über
die ätherischste Art, wie man Helden kreiert, Bescheid zu wissen, darüber
lässt dieser Regisseur keinen Zweifel. Es ist nicht der Trotz, es besser
zu machen, nachdem man Mist gebaut hat, es ist nicht der verzweifelte Griff
zur Knarre und der Glaube, die eigene Besinnungslosigkeit zur schamanischen
Auslöschung des Gegners ausnutzen zu können, sondern es ist die Erinnerung
an die eigene bedrohte Zukunft in Gestalt einer vernichteten Kreatur, die sich
für den Einsatz bedankt, während der Rest des Universums schadenfroh
und überhaupt sich ins Fäustchen lacht.
Es
ist die wahrste, härteste, aber gerade deshalb auch kitschigste Szene des
Films. Man spürt quasi den Äther, der mit der Mutter, die gerade ihr
Kind verloren hat, in das Büro einbricht, und das Hirn benebelt, wenn er
denn nicht verboten wäre. Oder zumindest seine flüssigen Kompagnons.
Aber die Wirkung auf den lädierten Agenten des Schatzamts (Kevin Costner)
ist die gleiche: Das Lamento der Mutter wirkt wie eine Droge. Der Maskenbildner
hat hier ganze Arbeit geleistet. So viel zur Funktion der Frauen als Mütter
mit bedrohtem Anhang in diesem Film (die zitierte Treppengeschichte als im Grunde
positivierter Treppenwitz bestätigt diese Festlegung nur – das allerdings
filmisch und akustisch so souverän, wie man das von Brian de Palma erwarten
kann).
Nach
dem ersten Fehlschlag des Agenten und dem beinah religiösen Auftrag durch
die gequälte Kreatur als faktische mission
impossible
kann die lustige David-gegen-Goliath-Geschichte dann losgehen. Richtig spannend
ist diese Mafia-Geschichte also nicht. Sie ist eher albern. Auch wenn hier und
da Kugeln in Köpfen stecken bleiben. Aber wer nimmt schon den Streifenpolizisten
Sean Connery ernst? Oder den zutiefst unterwürfigen und seiner anfänglichen
Klappe-auf-Rolle nicht nachkommenden Andy Garcia? Oder diesen Buchhalter-Deppen
mit absurden Terminator-Allüren, die ihm am Ende auch nicht weiterhelfen.
Aber die Chose muss durchgezogen werden, das Gesetz, die Not, das Leid (das
nicht das des Abstinenzlers ist). Der Agent kennt keine Gnade – und auch keine
Familie mehr. Das ist amerikanischer Patriotismus (allerdings in der Schwächelform
bloß formaler Legalität – aber wozu hat ein Land denn Agenten).
Der
Gegner bei all dem? Die berühmteste Inkarnation eines Familienoberhauptes,
seitdem es sie, die Familie, in Gestalt der italienischen Mafia gibt: Al Capone.
Robert de Niro gibt ihn ostentativ als einen Nero, der entzückt ist von
seinen immer passenden und belustigenden Bemerkungen und Antworten und der auch
in der eigenen Galerie nicht vor entschieden artikulierter Härte zurückweicht.
Dass er sich auch auf der anderen Seite wie es sich gehört zu bewegen weiß,
zeigt er später als Vater in den „Straßen
der Bronx“.
Hier aber sieht der Zuschauer respektvoll und neidisch, dass er seine Steuern
nicht bezahlt und es sich deshalb leisten kann, in einem teuren Hotel zu wohnen.
Nicht so schön ist natürlich, dass Capone immer diese fetten Säcke
und schwerhörigen Greise um sich hat, aber das gehört nun einmal alles
zur Familie.
Dramaturgisch
hat David Mamet alles daran gesetzt, dass die Handlungsfäden gegen Ende
dann doch sehr schnell auf eine Person zentriert werden, deren Herkunft unter
normalen, bürokratischen Bedingungen vielleicht ein paar Ecken mehr gebraucht
hätten, aber man dankt es dem Drehbuchmann, dass die Entlarvung Capones
zügig zum Abschluss kommt, denn der Knaller kommt ja erst noch zum Schluss,
aber gegen Gesetzesänderungen kann ein Agent erstens überhaupt nichts
haben, und zweitens kommt man manchmal erst dann richtig zu sich, wenn man ordentlich
unter Strom steht, was diesem geraden Menschen man aufrichtig wünscht.
Dieter
Wenk
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
The
Untouchables - Die Unbestechlichen
THE
UNTOUCHABLES
Die
Unbestechlichen (1986)
USA
- 1986 - 120 min. – Scope – Polizeifilm - FSK: ab 16; feiertagsfrei - Prädikat:
besonders wertvoll - Verleih: UIP, UIP (16 mm), CIC (Video) - Erstaufführung:
15.10.1987/Mai 1988 Video/4.1.1991 PRO 7 - Fd-Nummer: 26432 - Produktionsfirma:
Paramount - Produktion: Art Linson
Regie:
Brian de Palma
Buch:
David Mamet
Kamera:Stephen
H. Burum
Musik:
Ennio Morricone
Schnitt:
Jerry Greenberg, Bill Pankow
Darsteller:
Kevin
Costner (Eliot Ness)
Sean
Connery (Jim Malone)
Charles
Martin Smith (Oscar Wallace)
Andy
Garcia (George Stone)
Robert
De Niro (Al Capone)
Patricia
Clarkson (Catherine Ness)
Richard
Bradford (Mike)
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