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Transformers
– Die Rache
Michael Bay fetischisiert in "Transformers
- Die Rache" Frauenkörper, Waffen und Militär und, wie es sich
fürs Franchise gehört, gestaltwandelnde Roboter.
Michael Bay, so könnte man in Autoquartett-Logik
sagen, sticht "Cloverfield". Zu letzterem jedenfalls prangt
ein Kinoplakat in dem College-Dormroom, den Sam Witwicky (Shia LaBeouf) fortan
mit einigen ausgesucht gruseligen Internet-Videonerds bewohnen soll, und wenig
später, kurz bevor Witwicky nach anfänglichen Revierdifferenzen das
Ruder übernimmt, hängt da, fast wie als Spielkarte drüber gelegt,
noch zusätzlich eins von "Bad Boys 2", für den "Transformers"-Regisseur
Michael Bay verantwortlich zeichnete.
Man kann das als weiteren Ausweis für
Bays mangelndes Talent für Humor lesen (und bekommt vom Film manches Argument
geliefert), genauso auch für Bays - im guten wie im schlechten - völlig
ungeniert unüberlegte Art, seine Filme möglichst mit allem vollzustellen.
Wie meist bei Bay fliegt das Reaktionäre und das Fortschrittliche, das
Charmante und das Plumpe wieder auf eine Weise durcheinander, dass viel mehr
als Salat darin zu sehen Schwierigkeiten bereitet. Oder man versteht das einfach
als Signatur: "Dies, gelobe ich, ist ein Film von Michael Bay."
Denn das ist "Transformers - Die
Rache" im Gegensatz zum vorangegangenen ersten Teil mit Nachdruck - eine
erstaunlich kurzweilig, erfreulich unpathetisch geratene Hommage ans Teenie-Blockbusterkino
der 80er Jahre, die den Einfluss des neuen Bay-Produzenten, Steven Spielberg,
nicht verleugnen kann. Zumindest die guten unter den titelgebenden Alien-Robotern,
die sich unter einigen Verrenkungen vom knalligen Auto zur Kriegsmaschine und
wieder zurück verwandeln können, sind mittlerweile nun ganz ins US-Militär
integriert, was Bay die Gelegenheit gibt, sich von Anfang an auf altbewährte
Weise in Bildern von betont maskulin sonnenbebrillten Soldaten, von mit viel
Pathos fetischisiertem Heeresgerät und Hochglanz-"Babes" zu schwelgen.
So kann er in seinem Projekt
einer hyperkinetischen Filmwelt, in der Raum als filmische Kategorie nur in
seiner schnellstmöglichen Durchdringbarkeit von Interesse ist, eine weitere
Eskalationsstufe zünden.
In Windeseile verquickt Bay Shanghai und
Middle Class America, Ägypten und ferne Planeten, das Detail mit dem großen
Ganzen, die Peripherie mit dem Zentrum. Gerade noch in Paris, werden Witwickys
Eltern wenig später in Afrikas Wüste regelrecht ausgespuckt. Wenn
ein überböser Über-Transformer eine der Pyramiden von Gizeh stürmt,
um daraus eine Maschine hervorzuholen, die unsere Sonne vernichten kann (man
denke sich nun das US-Militär und einige den Menschen verbundene Transformer
hinzu, dann hat man den Plot), so wechselt Bay als Fan des Multiperspektivischen
ganz selbverständlich zwischen souverän-genüsslicher Helikopterperspektive
und eingeschränkter Untersicht, wie sie etwa für "Cloverfield"
typisch wäre.
Auch in anderen Belangen spielt Bay Quartett.
Die Internet-Freaks, wohl schon deshalb, weil die empfindliche Verwertungskette
des Blockbuster-Systems sie und ihre dunklen Vertriebskanäle längst
zum Feind erkoren hat, sind kaum mehr als Jammerlappen. Sie brillieren in den
Männlichkeitsprüfungen, die der auch nicht über-virile Sam Witwicky
zu bestehen hat, genauso wenig wie der wachsweiche Abgesandte der Obama-Regierung
in den Reihen der Militärs, die ihn mal eben aus dem Flugzeug schubsen.
Und nicht zuletzt ist Michael Bays Kino eines der maximalen Sichtbarkeit, das
sich erst unter Ägyptens gleißender Sonne am wohlsten fühlt:
Im hektischen Halbdunkel fetischisiert es sich schlecht. Frauenkörper,
wuchtige Transformationen, Flugzeugträger und Düsenjets sind bei Bay
allesamt Münzen derselben Währung.
Fast drei Stunden peitscht Bay den Zuschauer
durch sein ganz persönliches, in Erich-von-Däniken-Kitsch ersäuftes
Über-Super-Monstermovie, das sich in zahlreichen Anspielungen und Zitaten
durch die Blockbuster-Geschichte der letzten Jahre samplet.
Und doch scheint dies, bei aller Dynamik, bei aller Vollgestopftheit und noch
in jeder Geschmacklosigkeit und Volte gegen jede Form des Kulturrespekts (Bibliotheken,
antike Wandmalereien und Pyramiden sind zum Zerstören da; im triumphalen
Schlussbild sitzt im Gesicht der Sphinx ein Huhn), streng innerhalb festgesteckter
Grenzen zu verharren. Auf den großen Knall, der vom bloß daneben
gesetzten Ton den Graben öffnet zur grellen Drastik des völlig Unpassenden,
wartet man vergebens. Stattdessen: Pyramidische Überfülle an allen
Ecken und Enden, deren Quantität sich auch unter den Maximen des Blockbusters
nicht in Qualität umsetzt. Anästhesiert, nicht euphorisiert, verlässt
man den Saal.
Thomas Groh
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: www.perlentaucher.de
Transformers
- Die Rache
USA
2009 - Originaltitel: Transformers: Revenge of the Fallen - Regie: Michael
Bay. Drehbuch: Ehren Kruger, Roberto Orci, Alex Kurtzman. Darsteller:
Shia LaBeouf, Megan Fox, Josh Duhamel, Tyrese Gibson, John Turturro, Matthew
Marsden, Isabel Lucas, Ramon Rodriguez, Kevin Dunn, Julie White - FSK: ab 12
- Länge: 150 min. - Start: 24.6.2009
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